Letzte Aktualisierung: 15. Oktober 2024 Text: Dr. med. vet. Enrico Clavadetscher
Es beginnt mit einem stumpfen Fell, lokal leichtem Haarausfall und nur schwachem Juckreiz. Nach kurzer Zeit ist die betroffene Stelle kreisrund, haarlos, schuppig weiss mit einem entzündeten Rand. Möglicherweise sind Krusten von eingetrocknetem Sekret zu erkennen. Die Hautstelle sieht aus wie viele Hauterkrankungen und scheint die Tiere nicht gross zu stören. Manchmal heilen die veränderten Hautstellen auch ohne Therapie von alleine ab.
Oft reagieren die Tierbesitzer erst, wenn sie ähnliche Symptome an sich selbst feststellen. Aber was geschieht hier eigentlich?
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Katzen, Hunde, Mäuse, Ratten, Hamster, Meerschweinchen, Kaninchen, Hühner, Schweine, Rinder, Pferde, Igel. Alle unsere bekannten Mitbewohner im oder ums Haus können Hautpilze auf ihrer Haut beherbergen und auch daran erkranken. Dabei handelt es sich vor allem um sogenannte Fadenpilze und Sprosspilze. Sprosspilze, die zu den Hefepilzen gehören, sind nur ausnahmsweise auf den Menschen übertragbar, während sich der Mensch mit Fadenpilzen leicht anstecken kann.
Man spricht hier von einer Zoonose, also einer Krankheit, die vom Tier auf den Menschen (oder auch umgekehrt vom Menschen auf das Tier) übertragen werden kann. Die häufigsten Hautpilze (Dermatophyten) bei Hunden und Katzen sind Microsporum canis (98 % der Fälle bei der Katze, ca. 70 % beim Hund), seltener sind Trichophyton mentagrophytes und Microsporum gypseum zu finden. Das Reservoir für M. canis ist die Katze, die sehr oft symptomloser Träger ist. T. mentagrophytes kommt v. a. bei Mäusen, Meerschweinchen und Kaninchen vor, wobei auch hier längst nicht alle Träger auch erkranken müssen. M. gypseum dagegen lebt geophil, also im Boden.
Ein schwaches Immunsystem begünstigt den Hautpliz
Die Infektion erfolgt über den direkten Kontakt mit infektiösen Pilzsporen. Das kann über eine Berührung eines erkrankten Tieres, aber auch eines asymptomatischen Pilzträgers erfolgen. Da sich die Pilzsporen überall befinden können, reicht auch oft der Kontakt mit infizierten Kämmen, Bürsten, Liegeplätzen, Transportkörben oder Autos. Nicht selten werden Pferde mit geteiltem Putz- und Sattelzeug oder über die Nutzung eines beliebten Scheuerpfahls auf dem Paddock infiziert.
Aber nicht jeder Kontakt führt auch zwangsläufig zu einer Infektion. Der Körper verfügt über verschiedene Abwehrmechanismen, die eine Ansteckung in der Regel erfolgreich verhindern. Gefährdet sind ganz junge und alte Tiere, deren Immunsystem noch nicht oder nicht mehr so schlagkräftig ist. Grundsätzlich kann jede Schwächung des Immunsystems eine Hautpilzinfektion begünstigen. Die häufigsten Gründe sind gerade bei Rassekatzen Ausstellungen, wo die Tiere immer mal wieder direkt oder indirekt mit Pilzträgern in Kontakt kommen (bis zu 35 % symptomlose Träger) und zusätzlich noch unter erheblichem Stress leiden.
Des Weiteren erleichtert alles, was das Immunsystem schwächt, eine HautpilzInfektion: jede andere Erkrankung, Wurmbefall, Flöhe, Zecken, Milben oder andere Gründe für Juckreiz (Allergien), die durch das Kratzen zu Hautverletzungen führen und so das Eindringen des Pilzes in die Haut erleichtern.Auch warmes und feuchtes (Haut-)Klima begünstigt eine Hautpilzerkrankung. Fütterungs- und Haltungsmängel, Dichtestress in Zuchten, Besitzerwechsel, Medikamente wie Zytostatika oder Kortisone sowie Infektionskrankheiten,wie das Immunsystem direkt schwächen können.
Es beginnt mit leichtem Juckreiz
Über kleine Risse oder Verletzungen dringen die Sporen in die Haut ein. Die Spore keimt aus, bildet Hyphen, die sich verzweigen und ein regelrechtes Wurzelwerk, das Myzel, bilden. Hier spielen sich die Stoffwechselvorgänge des Pilzes ab. Am Ende der Hyphen kann der Pilz hornauflösende (keratolytische) Stoffe absondern, die ihm das Endringen in die Haut, die Haare und die Krallen erleichtern. Durch die Keratolyse wird die Haut gereizt und verursacht einen leicht- bis mittelgradigen Juckreiz. Beim gelegentlichen Kratzen wird dann der Pilz auf dem Wirt ausgebreitet. Vom aufgelösten Material ernährt sich der Pilz. Er wird aber nie tiefer als bis in die Haarwurzeln eindringen.
Falls das Immunsystem in dieser Phase nicht in der Lage war, den Eindringling zu eliminieren, beginnt er, sich fortzupflanzen. Beim ungeschlechtlichen Weg produziert er massenweise Sporen, die wieder andere Wirte anstecken können. Die geschlechtlichefortpflanzung führt zu einer besseren Anpassung an die Umweltbedingungen. Typischerweise sind die Hautveränderungen örtlich scharf umschrieben, kreisrund, haarlos, mehr oder weniger gerötet, vermehrt schuppend, vielleicht verkrustet und ca. 1–4 cm im Durchmesser. Die Infektion kann sich über den ganzen Körper ausbreiten oder aber spontan abheilen. Nicht selten sind Kopf, Schwanz, Rücken und Beine betroffen. Man sollte sich allerdings auch in scheinbar eindeutigen Fällen vor einer Blickdiagnose hüten, denn bakterielle Haarwurzelentzündungen oder eine Infektion mit Haarbalgmilben können identisch aussehen oder gleichzeitig auftreten. Nicht selten öffnet nämlich der Pilzbefall das Tor auch für eine bakterielle Infektion mit Staphylokokken.
Anlegen einer Pilzkultur als sicherer Nachweis
Zur Diagnose wird gerne kurzwelliges Licht in Form der «Wood’schen Lampe» verwendet, die im ultravioletten Wellenbereich leuchtet. Im positiven Fall leuchten die pilzbefallenen Haarschäfte apfelgrün auf. Diese Methode ist allerdings nicht sehr zuverlässig, da nur gewisse Microsporum-Stämme diese Fluoreszenz überhaupt aufweisen, Trichophyton gar nicht. Die mikroskopische Haar-Untersuchung ist auch möglich. Aber die sicherste Methode ist der kulturelle Nachweis. Dabei werden Haarbüschel und Schuppen vom Rand der verdächtigen Stelle entnommen und auf einem speziellen Nährmedium gezüchtet. Falls ein Pilz nach ein paar Tagen sichtbar gewachsen ist, wird er noch mikroskopisch untersucht und differenziert, ob es sich tatsächlich um einen Krankheitserreger handelt. Da sich eine Pilzinfektion durchaus wie eine Geschwulst manifestieren kann, ist auch eine Gewebeprobe in diesen Fällen ein angezeigter diagnostischer Weg. Der Pathologe erkennt in den speziell angefärbten Gewebeschnitten die für den Pilz recht typischen Veränderungen.
Selbstheilungen von einzelnen, lokalisierten Hautveränderungen kommen bei gesunden, immunkompetenten Tieren relativ häufig vor. Dies kann aber sehr lange dauern. Bei kurzhaarigen Hunden und Katzen mindestens vier Monate, bei Langhaarkatzen auch bis zu vier Jahre. Diese in Abheilung befindlichen Tiere stellen für ihre Umwelt, auch für die Menschen, ein nicht unerhebliches Ansteckungsrisiko dar und sollten daher behandelt werden.
Bei der Therapie der Pilzinfektion sollte beachtet werden, dass nicht nur der Erreger auf dem Tier behandelt wird, sondern auch die Umgebung in die Behandlung einbezogen wird, um eine Wiederansteckung möglichst zu vermeiden. Weil die Sporen über das ganze Fell verteilt sind, führt eine lokale Behandlung mit Salben und Lotionen allein oft nicht zum Erfolg. Bei langhaarigen Tieren kann der rankheitsverlauf durch das Kurzscheren des Fells auf wenige Millimeter Länge verkürzt werden. Die Haut wird so besser vom Sonnenlicht belichtet, was den UV-empfindlichen Pilz bereits im Wachstum hemmen kann. Ebenso sind das Schamponieren des ganzen Tieres oder Tauchbäder mit geeigneten antimykotischen Mitteln empfohlen, wobei die Einwirkzeit nicht unter 10 Minuten betragen sollte. Da systemisch eingesetzte Pilzmittel über die lange Behandlungszeit nicht selten starke Nebenwirkungen hervorrufen, muss die Behandlung für jedes Tier speziell angepasst werden und je nach eingesetztem Präparat mittels Blutuntersuchungen die Therapie überwacht werden.
Falls in einem Haushalt eine Microsporum CanisInfektion ausgebrochen ist, kann man davon ausgehen, dass alle Tiere infiziert sind und darum – obschon sie keine Krankheitszeichen aufweisen – auch in die Behandlung miteinbezogen werden müssen. Nur so können ReInfektionen verhindert werden. Idealerweise werden infizierte Tiere von den gesunden getrennt. Eine einfache Massnahme, die leider nur selten durchführbar ist. Die Umgebungsbehandlung ist essentiell, um Wiederansteckungen wirkungsvoll zu vermeiden. Pilzsporen können unter günstigen Bedingungen jahrelang in fektiös bleiben und so kann sich eine Dekontamination der Wohnung in einem Haushalt mit mehreren Tieren oder in Katzenzuchten enorm schwierig, zeit- und kostenaufwändig gestalten.
Alle Gegenstände, mit denen die Tiere in Kontakt gekommen sind, gelten als infiziert und müssen behandelt werden: Spielzeuge, Kratzbäume, Bürsten, Kämme, Näpfe, Körbchen sollten mit antimykotischer Seife gewaschen und idealerweise danach während 10 Minuten in eine fungizide Lösung eingelegt werden. Falls dies nicht möglich ist, sollten die unbehandelten Gegenstände vernichtet werden. Decken sollten so heiss wie möglich und mit einem antimykotischen Waschmittel-Zusatz gewaschen werden. Da die Futter- und Wassernäpfe täglich mehrmals benutzt werden, liegt auch hier die Wiederansteckungsrate am höchsten. Es ist darum empfohlen, während der Behandlung nur Plastikteller und -becher zum einmaligen Gebrauch zu verwenden.
Oberflächen sollten gewissenhaft gesaugt werden, um möglichst viele Haare und Schuppen zu entfernen. Der Staubsaugerbeutel sollte nach jedem Saugen entfernt und entsorgt werden. Anschliessend werden die Oberflächen mit einem fungiziden Mittel behandelt. Auch Dampfstrahler eignen sich zur Desinfektion. Da die meisten allerdings keine 43 °C auf den behandelten Flächen erreichen, sind sie nur wirksam, wenn ein fungizides Mittel dem Putzwasser zugesetzt wird. Die Tiere müssen während der Umgebungsbehandlung den Raum verlassen und dürfen erst wieder zurückgebracht werden, wenn die Oberflächen abgetrocknet sind.
Idealerweise werden diese Massnahmen alle zwei Wochen durchgeführt. Dieses Prozedere muss parallel zur Behandlung der Tiere so lange durchgeführt werden, bis alle Tiere zweimal im Abstand von zwei Wochen negativ in der Pilzkultur getestet wurden. Wenn immer möglich sollten gerade in Katzen- und Hundezuchten Neuzugänge einer mehrwöchigen Quarantäne unterzogen werden. Damit kann ein Einschleppen von Hautpilzen in sanierte Haushalte vermieden werden.
Als Prophylaxe kann seit einiger Zeit gegen Hautpilze auch geimpft werden. Die Impfung soll vor einem neuen Befall schützen, kann aber während der Behandlung auch therapeutisch eingesetzt werden und die Behandlungszeit erheblich verkürzen. Da die geimpften Tiere aber immer noch Sporenträger bleiben können, wird die Ansteckung des Menschen nicht verhindert und auch eine Umgebungsbehandlung erspart man sich mit der Impfung folglich nicht. Falls man sich für diese Massnahme entscheidet, sollten alle Tiere des Bestandes gleichzeitig und innerhalb von 2 Wochen zweimal geimpft werden.
GESUNDHEITSTIPP
Der beste Schutz gegen eine Hautpilzerkrankung ist ein gesundes Immunsystem. Gesunde Ernährung, Bewegung, Fellpflege und regelmässige Tierarztkontrollen tragen zu einem langen, gesunden Tierleben bei.
GUT ZU WISSEN
Hautpilz ist nicht gleich Hautpilz. Jedes therapeutische Vorgehen muss an die Tierart und an die speziellen Umgebungsverhältnisse angepasst werden. In vielen Fällen scheitern die Therapien nicht an den fehlenden Möglichkeiten, sondern an der Geduld und dem Durchhaltewillen des Tierbesitzers. Pilzbehandlungen sind mühsam, aufwändig, teuer und dauern mindestens vier bis sechs Wochen, oftmals auch wesentlich länger.
Da lokale Behandlungen mit Salben meist nicht ausreichen, bleibt auch Katzen oft eine Shampoo- Behandlung nicht erspart, was je nach Wasserscheu der Mieze recht unangenehm sein kann.
Quelle: weltdertiere.ch
© Dr. med. vet. Enrico Clavadetscher ist Inhaber der Kleintierklinik Clavadetscher und Partner in Dübendorf, Vizepräsident der Gesellschaft Zürcher Tierärzte und Vorstandsmitglied der Tierschutzorganisation NetAP.